Kunsthalle Karlsruhe
Masterarbeit WiSe 2017
Entstehungsgeschicht des Museums
Das Museum des 21.Jahrhunderts
Rekonstruktionsprinzipien in der Architektur
Bearbeitung des vom Land Baden-Württemberg
ausgelobten Wettbewerbs zur Umstrukturierung,
Sanierung & Erweiterung der Staatlichen
Kunsthalle Karlsruhe
Bestandsaufnahme Kunsthalle & Amtsgerichts
Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe ist eine der wichtigsten kulturellen Insti-tutionen der Stadt. In den Jahren 1836-1846 von Heinrich Hübsch geplant, sollte die Großherzogliche Gemäldegalerie ein Ort der Bildung sein. Die Kunsthalle ist ein Baustein, in dem vom Markgrafen verfolgten Ziel, Karls-ruhe als kulturelles Zentrum auszubauen. Auf diese Weise war die Institu-tion schon früh auf politischer Ebene vernetzt.
Hübsch konzipierte das Museum als Vierflügelanlage, bei der er selbst le-diglich den ersten Bauabschnitt realisierte. Hübsch orientiert sich deutlich an dem Baustil italienischer Palazzi.
Die spiegelsymmetrische Struktur des Gebäudes lässt sich in Grundriss und Fassadengestaltung leicht erkennen. Ein Mittelrisalit kennzeichnet den Eingang und teilt die Fassade in zwei identisch ausformulierte Bereiche des Hübschflügels. Die Fassadengestaltung ähnelt dem italienischen Pallazo.
So wird eine Sockelzone ausgebildet, die durch die Materialwahl von groß-formatigen Steinblöcken eine massive Wirkung ausstrahlt. Das Erdge-
schoss befindet sich vom Boden abgehoben.
Hier, gemeint ist die Zone zwischen Sockelbereich und 1. Obergeschoss, verkleinert sich das Format des Verblenders. Der Übergang von Erd- zu Obergeschoss wird durch ein umlaufendes Gesims deutlich betont. Darüber hinaus erfährt die Fassadengestaltung eine erneute Feingliederung durch das Material. Die Dachzone wird durch Verzierungen und Gesimse deutlich gekennzeichnet. Diese Fassadenkonzeption mit dem Übergang vom Wehr- haften zur kleinteiligen Mauerwerksstruktur ist der Fassadeneinteilung des Pallazo nachempfunden.
Bei der Fenstergestaltung bedient sich Hübsch ebenfalls an der italie-nischen Architektursprache. Er verwendet Rundbogenöffnungen in der Fassade und die als Venezianische Fenster benannte Fenstervariante. Auch hier ist das hohe Maß an Symmetrie erkennbar. Das repräsentative Treppenhaus mit aufwändig gestalteten Bemalung teilt den Hübschflügel. Die flachen Kuppeldecken des Treppenhauses sind durch kassettierende Elemente strukturiert. Hübschs Fassadengestaltung wird auch im nord-östlichen Durmflügel nahezu unverändert weitergeführt.
Josef Drum plante und baute die erste Erweiterung der Kunsthalle in den Jahren 1849-96. Die Geschossebenen wuden dabei vom Bestand übernommen. Die Kunsthalle profitierte mit der Erweiterung vor allem von den zusätzlichen großen Sälen.
Wenig später, in den Jahren 1908-09, übernahm Heinrich Amersbach die zweite Erweiterung. Lediglich die Fassade in Richtung des Baumgartner Baus ist heutzutage noch vorhanden. Während des Krieges wurde der Aka-demiebau, welche sich an dieser Stelle befand, wo heute der Mohl-Flügel zu finden ist, so stark zerstört, dass ein Wiederaufbau nicht durchgeführt wurde.
Die spätere Neukonzipierung des Nordwestflügels durch Heinz Mohl von 1982-89 sah auch Eingriffe auf den Amersbachflügel vor. Lediglich die Originalfassade dieses Bauabschnittes ist heute noch vorhanden.
Das Gebäude der Staatliche Kunsthalle Karlsruhe weist mehrere Probleme auf, die dem Ruf der Institution und den eigenen Maßstäben nicht gerecht werden. Aus diesem Grund wurde der Wettbewerb zur Sanierung, Umstruk-turierung und Erweiterung des Museums vom Land Baden-Württemberg ausgelobt.
Zunächst zur Zugänglichkeit. Der historische Eingang in Richtung Hans-Thoma-Straße ist nur über die vorgelagerte Treppe zu erreichen. Der bar-rierefreie Zugang ist über die Hinterseite des Gebäudes unter Ankündigung möglich. Nach dem Betreten befindet man sich in dem denkmalgeschützten Treppenhaus. Auch hier besteht das Problem mit der barrierefreien Erschlie-ßung zu den Obergeschossen. Darüber hinaus wurden hier die Kasse und der Museumsladen platziert. Der Bestand beschränkt die dafür vorgese-henen Flächen auf ein Minimum, sodass es eher wie eine Interimslösung erscheint.
Der Besucher führt sein Museumsbesuch weiter, indem er die Garderobe aufsucht. Hier bestehen zwei Möglichkeiten. Entweder läuft er Richtung Innenhof und sucht die offene Garderobe auf. Dieser Raum verfügt, ähnlich wie das Treppenhaus, vielmehr über das Potential eines Ausstellungsraum als für eine derartige profane Lösung. Die Alternative besteht in den im Untergeschoss angebrachten Schließfächern. Dieser Bereich ist zunächst schlecht aufzufinden und dunkel, sodass ein bedrückender Raumeindruck entsteht. Auch hier fehlt die barrierefreie Zugänglichkeit
Auch bei der Cafeteria ist zu erkennen, dass der Raum ebenfalls gut als Ausstellungsfläche genutzt werden könnte, jedoch befinden sich hier eine Theke und ein Sitzbereich. Denkmalgeschütze Verzierungen der Wände und im Raum platzierte Statuen prägen die Atmosphäre.
Neustrukturierung & Erweiterung
Der Entwurf sieht eine Neustrukturierung der Eingangssituation vor.
Der historische Eingang am Mittelrisalit des Hübschflügels weist Probleme auf, die ohne aufwändige Veränderungen des Bestands nicht gelöst werden können. Dabei handelt es sich um die barrierefreie Zugänglichkeit. Damit diese hergestellt werden könnte, wären umfangreiche Maßnahmen im denkmalgeschützten Treppenhaus der Kunsthalle nötig. Auch die notwen-digen Rampen, um die Stufen am Eingangsbereich zu überwinden, würden zu großem Platzverbrauch führen, welcher an dieser Stelle den Stadtraum entschieden einschränken würde. Zudem existiert keine für ein Museum dieser Kategorie angemessene Eingangssituation. Die existierende Straßenführung unterbindet notwendige Maßnahmen.
Daher wird der neue Eingang auf der nördlichen Seite des Gebäudes platziert. Hier befindet sich ein Zugang zum Botanischen Garten, der von
Besuchern von der Schlossallee kommend, genutzt wird. Es herrscht also heute schon Publikumsverkehr auf diesem Weg zwischen Kunsthalle und Bundesgericht. Ein viel wichtigerer Aspekt ist jedoch, dass hier ein ange-messener Vorplatz entsteht. Der neue Eingangsbereich wird durch einen vorgelagerten Pavillon gekennzeichnet. Dieser nimmt die Rasterung der Bestandsfassade sowie die Sockelhöhe auf. Der Pavillon dient der barriere-freien Erschließung und nimmt den Weg des Arkadengangs des Amtsge-richts in selber Geste zum Eingang der Kunsthalle auf.
Die Besucher treten in den neu strukturierten Amersbachflügel ein. Hier fin-det der Besucher den Shop und der Kassenbereich. Im Erdgeschoss des Mohlflügels sind die Gastronomie sowie die Toilettenanlagen verortet.
Der Innenhof als neues Zentrum
Auch in Bezug auf den Besucherstrom ist die Platzierung des Eingangs auf die Nordseite vorteilhaft.
Nachdem der Besucher sein Ticket erworben hat, tritt er in den Innenhof. Dieser ist das neue Zentrum der Museumsanlage. Hier findet die Ticket-kontrolle statt und der Besucher wird entweder zur permanenten Ausstellung in Richtung des alten Treppenhauses geleitet oder zur Kunst der Moderne und temporären Ausstellungen über das Untergeschoss zum ehemaligen Amtsgerichtsgebäude. Die Treppenanlage fungiert gleichzeitig als Auditorium, wo Einführungen für Museumsrundgänge oder Vorträge der Kunstvermittlung stattfinden können.
Entscheidet sich der Besucher für die Daueraustellung, führt der Weg über den Innenhof zum Treppenhaus. Die reichhaltig gestaltete Eingangshalle kann nun intensiv wahrgenommen werden und wird zur eigenen Ausstellungsfläche. Da sich der Eingang nicht mehr an dieser Stelle befindet, herrscht hier kein erhöhter Durchgangsverkehr. Anschließend können die Ausstellungsbereiche besichtigt werden.
Vormals teilte das Treppenhaus die Museumsflächen deutlich, sodass der Besucher hier entscheiden musste, welcher Bereich zuerst angesehen wer-den sollte, bevor man zurücklaufen musste, um in den Nächsten zu gelangen. Diese Trennung ist aufgehoben. Der Besucher fährt im Durm-flügel fort. Von da aus betritt er den Neubau und läuft über die Treppe ins erste Obergeschoss. Das Zwischengeschoss ist ebenfalls über diese Trep-pe zu erreichen. Da sich im Zwischengeschoss die Räume der Kunstver-mittlung mit Büroflächen befinden, regelt ein Zugangskontrollsystem den Eintritt.
Entscheidet sich der Besucher für die temporäre Ausstellung oder die Kunst der Moderne, wird er ins Untergeschoss geleitet. Bereits im Untergeschoss der Kunsthalle befinden sich die neuen Ausstellungsflächen.
Neben der reinen Zurschaustellung der Kunst muss das Museum des 21.Jahrhunderts diverse Nutzungsmöglichkeiten für Veranstaltungen anbieten, um ein breites Publikum anzusprechen. Vorträge könnten auf den Treppenanlagen stattfinden, um Diskussionen verschiedenster Themen anzuregen.
Fließende Ausstellung
Neben der neuen Aufgabe der Kunstausstellung, finden in diesem Gebäude auch die Bibliothek und Büroflächen Platz. Die Bibliothek befindet sich im Erdgeschoss und ist durch das Foyer erreichbar. Damit verbunden ist der Lesesaal in den alten Gerichtsälen, welcher einen Blick in den Innenhof er-möglicht. Eine neue Anordnung der Geschosshöhen verleiht den Räumen eine großzügige Raumdimension.
Alte Strukturen wie die Vertäfelung der Gerichtsäle werden erhalten, um die vorherigen Nutzung des Gebäudes sichtbar zu belassen.
Die neuen Ausstellungsflächen zeichnen sich durch das Deckentragwerk aus. Dieses besteht aus Betonfertigteilen, die sich in ihrer Farbe an den beigen/hellbraunen Elementen der Kunsthalle orientieren. Die Bereiche zwischen den Deckenträgern nehmen Leuchtmittel zur direkten Beleuchtung von Gemälden und indirekten Beleuchtung für der Räume auf.
Die Wandflächen der Ausstellungsräume sind in heller neutraler Farbe gehalten. Dessen Konstruktionen unterscheiden sich zwischen Kunsthalle und Amtsgericht. Betrachtet man den Wandaufbau der Kunsthalle, ist dieser von einer massiv gemauerten Wandscheibe geprägt. Der Denkmalschutz verbietet die zusätzliche energetische Ertüchtigung der Außenfassade, so-dass hier eine Innendämmung genutzt wird. Diese besteht aus Lehmbau-platten, die in einen Lehmputz mit zusätzlicher Fixierung angebracht werden. Anschließend werden diese mit Lehmputz verdeckt. Die Nutzung von diesem Baustoff zur Innendämmung gewährleistet nicht nur die energetische Sanierung, sondern löst die klimatischen Probleme der Ausstellungsflächen konstruktiv. Der Wandaufbau des Amtsgerichts wird als mehrschaliges System ausgeführt, bei welchem die Wandinnenflächen ebenfalls mit Lehmputz verkleidet sind. Auch hier wird das Potential des Lehmputzes zur Feuchtigkeitsregulierung genutzt.
Umnutzung & Weiterbauen
Betreuung durch Dipl.-Ing. Johannes Schilling
Zweitprüfer Dipl.-Ing. Michael Schanné